vint2.jpg (23226 bytes)
Sheaffer oversize Balance Hebelfüller Set in Perlbraun gestreift.

Der Sheaffer Balance
Teil II

Gestreiftes Radite und das Vac-Fill System
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

von Dethardt Baumann
mit zusätzlichem Material von Bill Riepl
__________________________

Wir haben im ersten Teil des Artikels gesehen, wie der Balance es der Firma Sheaffer ermöglichte, die 30er Jahre mit einer starken Marktposition zu durchlaufen. Der dramatisch neue Stil des Balance trug Sheaffer mit grossem Erfolg durch die erste Hälfte des Jahrzehnts. Trotzdem gab es im Lauf des Zeit immer grosse Anstrengungen, die Spitze der Entwicklung zu halten. Ein neues Füllsystem wurde entwickelt und 1934 eingeführt, zuerst in der WASP-Linie, einer Zweitmarke von Sheaffer (WASP steht für Walter A. Sheaffer Pen).

Dieses neue System kam augenscheinlich als Reaktion auf Parker, die 1933 eine wunderbare neue Entwicklung vorstellten, den Vakuumfüller, der unter dem Namen Parker Vacumatic schnell Berühmtheit - und Marktanteil erlangte (produziert von 1933 bis 1948). In den Parker-Anzeigen las man, es sei "ein sackloser Füller, der 102% mehr Tinte aufnehmen kann". In Realität war der Vacumatic allerdings nicht wirklich "sacklos". Er hatte ein spezielles Gummidiaphragma, das keine Tinte aufnahm, sondern als eine Art flexibler Kolben fungierte.

Es war an Sheaffer ein Jahr später, Parkers Versprechen eines wirklich "sacklosen" Füllsystems einzulösen. Dieses Vac-Fill System basierte auf einer dünnen Kolbenstange mit einem Gummidichtring am Ende, um im Halter ein Vakuum zu erzeugen, sodass sich nahezu der ganze Halter mit Tinte füllte. Sheaffer bot neben diesem neuen System aber auch weiterhin das Hebelsystem an und liess damit den Kunden die Wahl.

Es gab aber auch etliche neue Farben bei diesen Balance der zweiten Generation. Was viele für einen der attraktivsten Balance halten, Schwarz mit Perlmutteinlagen, wurde sowohl als Hebelfüller wie auch mit dem neuen Vakuum-Kolbensystem angeboten. Bei diesem Füller sind Kappe und Halter schwarz mit in das Zelluloid eingelegten Perlmuttscheibchen. Dieser Füller ist eine Augenweide, speziell in der OS-Version. Allerdings, wenn man einen dieser Grösse haben will, muss man einen hohen Preis einberechnen, es ist ein sehr gesuchtes Stück! Die kleineren Varianten sind wesentlich bezahlbarer.

Ein weiteres neues Material war ein gestreiftes Zelluloid in diversen Farben. Anders als beim Parker Vacumatic war dieses Material vertikal gestreift anstatt horizontal. Bei den Vac-Fill Modellen wurden transparente Streifen eingesetzt, damit man den Tintenstand sehen konnte.

vint2.jpg (23226 bytes)
Sheaffer oversize Balance Vac-Fill Füllerin Perlgrau und Perlrot gestreift.

1936 waren die ersten drei Farben Braun, Grau und Rosé (genannt Rose Glow). 1938 kam Marinegrün hinzu, ein Jahr später ein zweites Rot, genannt Carmine Red. Im selben Jahr 1939 stellte Sheaffer seinen ersten Füller mit Metallkappe vor, den Crest. Die Metallkappe wurde für kurze Zeit zu vielen der Vac-Fill Balance Modelle angeboten.

Diese neuen gestreiften Balance Füller hatten eine leicht veränderte Form, ein bisschen mehr Stromlinie am Kappenende. Nicht viel bei den ersten Modellen, später etwas ausgeprägter. Im Laufe des Jahres 1935 wurden eine lange und eine kurze Version eines neuen Clips vorgestellt. Diese hatten keinen buckel mehr, sondern liefen in einem Radius von einem zum anderen Ende, stromlinienförmig und mit einem abgeflachten Kugelende. Oben liefen sie zu einem Punkt hin kurvig aus. Sie waren, wie bei Sheaffer üblich, mit Laschen an der Kappe befestigt und hatten keine Inschrift mehr.

Bei den Vac-Fill Füllern wurde ein Halter mit transparentem Griffstück zur Kontrolle des Tintenstandes vorgestellt. 1936 wurde das transparente Griffstück auch bei den Hebelfüllern eingesetzt, ein äusserst modisches Accessoir zu dieser Zeit.
 

vint2.jpg (23226 bytes)

Sheaffer Balance Hebelfüller

Es gab weiterhin OS Modelle und verschiedene kleinere Grössen. Später kam Sheaffer auf ein Nummernsystem zur Bezeichnung der Modelle zurück, diesmal waren auch die Lifetime-Modelle eingeschlossen. Es gab 275, 350, 500, 750 und 1000, wobei die Nummern den Preisen entsprachen (1000 » US$ 10.00).

Wie bei früheren Balance-Modellen richtet sich der heutige Preis stark nach der Grösse des Modells. Ein kleiner Balance in gestreiftem Radite kann zu den preiswertesten "Marken"-Füllern aus alter Zeit zählen, ein Oversize-Modell in gleicher Farbe kann in der gleichen Preiskategorie mit den High-End-Füllern aus Zelluloid von Parker und Wahl-Eversharp sein.
 

vint2.jpg (23226 bytes)

Sheaffer Balance Vac-Fill Füller

Es gibt unter Sammlern ein weit verbreitetes Vorurteil gegen das Vac-Fill System der späteren Balance Modelle. Das Vakuum-Kolbensystem ist aufwendiger zu restaurieren als das Hebelsystem und so werden diese Füller von Sammlern oft übersehen. Inzwischen gibt es aber in den USA verlässliche Restaurateure, die für die Reparatur eines Vac-Fill Systems in einem Balance nicht viel mehr als US$ 25 verlangen. Jedenfalls ist es so, dass ein Balance mit Vakuum-Kolbensystem einen sehr schönen Alltagsschreiber abgibt, ist er erstmal fachmännisch restauriert. Die Federn sind Sheaffer-typisch, in der Mehrzahl unflexibel aber schön und weich zu schreiben. Vac-Fill Balance nehmen eine grosse Tintenmenge auf - ihrer Haltergrösse entsprechend. Sogar die schlanken Modelle beherbergen eine Tonne voll Tinte.

Alles in allem, der Sheaffer Balance steht für eines der erfolgreichsten Füllerdesigns Amerikas. Er wird von Sammlern hochgeschätzt, nicht nur weil er relativ leicht zu finden ist, sondern auch weil er ein toller Schreiber ist und weil man ihn wegen seiner grossen Praxistauglichkeit jeden Tag einsetzen kann.

Auch heute noch nehmen Balance Füllfederhalter eine besondere Stellung ein. Kein anderer Hersteller brachte ein solch konsequentes neues Füllerdesign heraus wie Sheaffer mit dem Balance. Als er 1929 auf dem Markt erschien, hatte - nur so zum Beispiel - die Firma Montblanc noch weitere 20 Jahre vor sich, bis sie mit der 140er Reihe ihre Variation des gleichen Themas vorstellte. Sein einzigartiges Design wurde von vielen bekannten Herstellern kopiert und sein anhaltender Erfolg bewog schliesslich Sheaffer dazu, die Linie mit dem New Balance 1998 wiederzubeleben. Mit der überarbeiteten Version des Balance II lebt dieser Füller weiter als eines der erfolgreichsten Schreibgeräte aller Zeiten.
 

Quellenangabe:
Bill Riepl, The Sheaffer Balance, Stylophile'S Magazine
Fischler & Schneider, The Golden Age of Fountain Pens
A. Lambrou, Fountain Pens
Glen B. Bowen, Collectible Fountain Pens

Alle Bilder stammen aus Bill Riepl's oder meiner eigenen Kollektion.